Dienstag, 6. Juli 2010

Die Wahl der Qual.

Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt. Eine Passion, eine Liebe, eine Leidenschaft.
Meine ist der Sport.
Heute in der Uni wurden wir gefragt, warum wir Sport machen. Das ist eine gute Frage. Sehr gut sogar. Spontan wusste ich keine Antwort. Natürlich, das was jeder sagen würde. Weil man sich danach gut fühlt. Weil es Endorphine frei setzt. Und so weiter. Aber das ist es nicht.Warum mache ich Sport? Eine Mitstudentin (ich sag nicht gerne Kommilitonin) hat gesagt, sie mag das Geräusch des Windes im Ohr, wenn sie sprintet. Bei mir gibts da kein Geräusch. Dazu bin ich zu langsam. Einer sagte, er muss seine Kraft beim Schuss aufs Tor entladen. Mein Schuss müsste erst einmal das Tor treffen.
Was also treibt mich zum Sport? Warum quäle ich mich jeden Tag auf dem Rad oder der Aschenbahn. Nach langem Nachdenken habe ich die Antwort glaube ich gefunden.
Ich fühle mich frei.
Aber nicht frei, weil ich so leicht und locker über die Bahn hüpfe. Ich strenge mich an. Ich schwitze. Aber ich brauch das Gefühl, meinen Körper unter Kontrolle zu haben. Sport zeigt mir, dass ich unabhängig bin. Unabhängig von körperlichen Grenzen. Natürlich sind sie da, diese Grenzen. Aber der Sport lässt sie einen überwinden.
Es ist grandios, wenn man sich einen Berg auf dem Fahrrad hochgequält hat. Wenn man schon fünf Mal absteigen wollte. Und man hat es doch geschafft. Wenn man plötzlich keinen Anstieg mehr vor sich sieht. Sondern eine riesige, freie Fläche. Die sich vor einem erstreckt. Und man weiß, man ist ganz oben. Weiter geht es erstmal nicht. Man darf abfahren. Ohne schlechtes Gewissen. Weil man es sich mit eigener Kraft verdient hat.
Es ist Wahnsinn, wenn man läuft und aufgeben will, es aber nicht tut. Wenn einem schlecht ist und man trotzdem weiter machen kann. Man läuft durchs Ziel und weiß, man hat es geschafft. Man ist angekommen. Obwohl man dachte, man erreicht diese weiße Linie nie. Ich weiß, Laufen auf dem Platz kommt lange nicht an Waldläufe ran. Und trotzdem ist es befreiend.
Es fühlt sich so gut an, wenn man im Wald diesen toten Punkt überwunden hat. Wenn es plötzlich ist, als würde man fliegen. Als würde der Waldboden die Füße abfedern und sie bewegen sich wie von alleine. Man wird schneller. Immer schneller. Die Musik im Ohr ist laut. Und schnell. Aber die Beine machen mit. Die Knie wandern immer höher. Und die Schritte werden größer. Obwohl man noch zehn Minuten davor dachte, man müsse aufhören. Das ist so gut.Und diese Momente, durch die man sich quält, zahlen sich aus. Die Ausdauer wird besser, die Kraft stärker. Für mich zahlt sich alles im Winter aus. Wenn der erste Schnee fällt. Wenn meine Füße auf das Brett geschnallt sind. Wenn ich vor dem Tiefschneehang stehe und weiß, ich bin diejenige, die die ersten Spuren zieht. Alle Kraft, die sich über den Sommer hin angesammelt hat, ist im Körper. Ich springe eine bisschen, um Schwung zu holen. Und lass mich treiben. Die Sonne kommt, vor mir dieses umwerfende Panorama der Berge. So unglaublich weiß. Und so groß. So mächtig. So unerschütterlich. Ich ziehe einen Schwung nach dem Anderen. Die Oberschenkel brennen. Aber ich merke es kaum. Weil ich so erfüllt bin. So frei.

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