Samstag, 13. November 2010

Kinderquatsch mit der Prinzessin.

Ich mag kurze Sätze. Weil sie einfach sind. Weil sie jeder versteht. Aber es gibt Menschen, die mögen meine kurzen Sätze nicht so sehr. Für diese Menschen schreibe ich heute.

Es war ein mal ein wunderschöner Herbsttag, an dem sich der lange Satz, der so überaus lang war, dass ihn weder kleine, noch große, noch dicke, noch dünne Menschen verstehen konnten, mit dem kurzen Satz, der so kurz war, dass er schon fast nicht als ganzer Satz galt, hätte er nicht Subjekt, Verb und Objekt besessen, auf den Weg machten, einen Ort zu besuchen, an dem sie schon recht lange nicht mehr waren. Dieser Ort war ein ganz wunderbarer, fast magischer Ort, an dem sie früher schon gesessen hatten, um sich über Gott, der vielleicht exisitierte, über die Welt, die mit Sicherheit existierte, jedoch wusste man nicht, in welcher Form und über die Freundschaft, die bestimmt auch existierte, jedoch wusste man bei ihr nicht, wo und wann man von der Freundschaft in ihrer reinsten Form sprechen konnte, zu unterhalten. Sie saßen also ab und an auf dieser taubengrau-blauen Bank, die aus reinstem Holz gebaut wurde und nur durch vorzügliche Schreinerarbeit, nicht jedoch durch allzu viele Hilfsmittel, wie Nägel oder Schrauben zusammen hielt, an diesem ganz wunderbaren, fast magischen Ort und erzählten sich ihr manchmal trauriges, manchmal spannendes, manchmal langweiliges und manchmal erfreuliches Erlebnis, jedoch immer nur das von größter Wichtigkeit, der vorhergegangenen Wochen. Wer nun meint, der lange Satz, der so überaus lang war, dass ihn weder kleine, noch große, noch dicke, noch dünne Menschen verstehen konnten, und der kurze Satz, der so kurz war, dass er schon fast nicht als ganzer Satz galt, hätte er nicht Subjekt, Verb und Objekt besessen, hätten sich dort ganz regelmäßig, also jede Woche oder gar zwei oder drei Mal die Woche getroffen, der irrt sich. Sie trafen sich nur, wenn es etwas so Wichtiges gab, das man bereden musste, dass es keine andere Möglichkeit und auch keinen anderen potentiellen Gesprächspartner gab, mit dem man über diese sehr sehr wichtige, brisante und oftmals auch geheime Angelegenheit sprechen konnte. Sie trafen sich also nun an diesem wunderschönen, bunten und etwas windigen Herbsttag und machten sich auf den Weg zu ihrer taubengrau-blauen Bank, die dort an diesem wunderbaren, fast magischen Ort ihren Platz hatte. Schon während sie liefen und grasgrüne Wiesen, nach denen sich jede Kuh gesehnt hätte, Flüsse, in denen mehr Aale schwammen, als im Yukon und moosbewachsene Waldstücke, in denen das Rotkäppchen plus Wolf zuhause waren, querten, fing der lange Satz an, dem kurzen Satz von seinem mehr als wichtigen Problem zu erzählen.
Er hatte sich verliebt. Diese Tatsache kann man nur in einem kurzen Satz, der somit versucht, die Prägnanz dieses Ereignisses hervorzuheben und dabei noch die volle Aufmerksamkeit des Lesers inmitten eines Textes von ausschließlich langen Sätzen zu gewinnen, ausdrücken. Der lange Satz wollte es seiner großen Liebe, die schöner war, als jede Prinzessin, intelligenter als Albert Einstein höchstpersönlich und so zart, wie eine einzelne Feder, so ähnlich wie die Feder aus Forrest Gump, endlich nun sagen, dass er verliebt war in sie. Er hatte es schon des öfteren versucht, jedoch war er in seiner Sprache sehr eingeschränkt, was daran lag, dass der lange Satz zu den Menschen nur seinen eigenen Satz sagen konnte, genauso, wie der kurze Satz bei ihnen nur sein einziges Subjekt, sein Verb und sein Objekt benutzen konnte. Oft schon hatte der kurze Satz den langen Satz gebeten, ihm ein paar seiner Wörter zu überlassen, schon alleine, wenn er sich eine Fahrkarten am Schalter kaufen wollte, war er in der Woche davor gezwungen, sich mit dem langen Satz auf der taubengrau-blauen Bank zu treffen, um ihn um ein paar seiner Wörter zu bitten. Der kurze Satz fühlte sich deshalb sehr benachteiligt und stellte sich oft die Frage, warum ausgerechnet er so kurz sein musste, wo doch sein Freund, der lange Satz, so unglaublich lang war. Es war also mehr als verwunderlich, dass nun heute, an diesem schönen Herbsttag, der lange Satz, der sonst so viel mehr Freiheiten hatte, als der kurze Satz, zu diesem Treffen an ihrem magischen Ort, den sie nur zu besonders wichtigen Anlässen besuchten, aufrief und so verzweifelt war, dass sich der kurze Satz schon beinahe Sorgen gemacht hätte, hätte er nicht sehr schnell bemerkt, dass er dem langen Satz in seiner ausweglos-scheinenden Situation doch recht einfach helfen konnte. Er schlug also vor, für einen Tag Rollen zu tauschen und so der wunderschönen, intelligenten und unvorstellbar zarten Liebe des langen Satzes das zu sagen, was sie doch schon seit so langer Zeit wissen sollte. Der lange Satz und der kurze Satz waren so überaus glücklich und zufrieden mit dieser Lösung, dass sie den Rest des Tages ganz unbesorgt und fröhlich das wunderschöne Herbstwetter genießen konnten.

Ach, ihr möchtet wissen, wie der lange und der kurze Satz lauteten? So, der lange Satz war Folgender:

Wenn es Tage gibt, an denen die Sonne über dem Meer versinkt und dabei als klitzekleiner glühender Punkt vom Wasser, das den ganzen Tag aufgewühlt von unglaublich vielen Wellen, beruhigt und sogleich erloschen wird, und der Mond, der zur gleichen Zeit stolz und mächtig, über eben diesem Wasser aufsteigt und sich vorbereitet, die Menschen und Tiere durch die Nacht zu führen und dabei seiner Aufgabe nachkommt, zu leuchten und gleichzeitig Orientierung zu bieten und wir an genau diesen Tagen dort am Wasser liegen könnten und dem Spektakel der Sonne und des Mondes zuzusehen, wie sie sich ablösen, fast wie bei einem Schichtwechsel in einer der größten und lautesten Fabrikhallen, in der von technischen Kleingeräten bis hin zu mechanischen Großgeräten alles erschaffen wird, und trotzdem an jedem Tag zu jeder Zeit, trotz dieses unglaublichen Wirr-Warrs immer der gleiche Schichtwechsel durchgeführt wird, wir dabei noch den Sand, der aus so unendlich vielen kleinen Körnern besteht, die von Chile, über Brasilien und Amerika, den Nordpol entlang nach Europa transportiert wurden und nun unter uns am Strand mitten im Pazifik, spüren könnten, wäre ich so unglaublich froh, weil alles das, was ich mir gewünscht habe, seit ich dich gesehen habe und noch im gleichen Moment erkannt habe, wie unglaublich bemerkenswert du für mich doch bist, obwohl ich es noch nicht geschafft habe, dir das zu sagen, beinahe so wie mein Freund es nicht schafft, ein Ticket am Schalter, noch nicht mal nach Jena (Paradies) zu lösen, dann wohl endlich wahr werden würde.

Das hätte die Liebe wohl nicht verstanden. Und der kurze Satz? Wie der hieß? Könnt ihr's euch nicht denken?

Ich mag dich.

2 Kommentare:

  1. oh liebste, das ist ganz wunderbar. hast du das selbst geschrieben? ganz ganz schön!

    AntwortenLöschen
  2. na gut, du hast mich überzeugt. aber so lange sätze wollte ich doch gar nicht ;)
    Du könntest das ja mal an einen Deutschbuch- verlag schicken, vll. nehmen sie es ja auf, um parataxen und hypotaxen zu erklären :D

    AntwortenLöschen

Für...

Blog-Archiv

  • .

  • .