Sonntag, 11. Dezember 2011

Ein kleiner Bericht.

16 Wochen und drei Tage. Das macht 128 Tage.
Diese Reise hat angefangen mit einer Abschiedparty, die ins Wasser gefallen ist und trotzdem lustig war. Schon zu diesem Zeitpunkt war klar, dass nicht alles einfach werden wird. Dass man manchmal dem Sturm trotzen muss, den Pavillon mit aller Kraft vor dem Wegwehen bewahren muss und irgendwann dann Hilfe naht. Aber wahrscheinlich ist es das, was es erst wirklich gut macht. Was es zu einer Geschichte macht. Was ist schon eine Geschichte ohne Spannungsbogen. (Danke an Frau Otto an dieser Stelle.)
Eine wirkliche Einleitung allerdings gibt es nicht. Wir wurden ins kalte Wasser geschmissen. Mit einem Zwischenstop in London, vergessenen Gepäckstücken und einem Hostel im Drogenviertel von Vancouver. Vielleicht hat unsere wirkliche Reise erst mit Jimmy, dem liebenswerten Grauhaarvan, begonnen. Unser Held, der uns 12000km getragen hat. Der uns ein Dach über dem Kopf gab und gleichzeitig noch als Sparschwein zur Verfügung stand. Der uns zu Orten brachte, die man sich nicht erträumen würde. Ab und an wurde der Spannungsbogen gespannt.

Mit einem Riss im Kühler oder einer kurzen 5-tägigen Pause im Touristenort Banff. Trotz allem haben wir jede Situation gemeistert, haben Kühe beim Baden beobachtet, Schluchten durchklettert und uns ein Lagerfeuer am Fluss gemacht.
Irgendwann gab es eine Veränderung in dieser Reisegeschichte. Jimmy hat uns zum Flughafen nach Vancouver gebracht und nur noch mich allein zurück in's Land genommen. Der zweite Reisende musste also durch Bilder und gespielte Dialoge im Kopf ersetzt werden. Hier folgte der grausame Teil. Der, an dem im Film Herzen gebrochen werden und Seen aus Tränen entstehen. Ich dachte wirklich, ich muss aufgeben. Nach einer Woche. Nach sieben schlaflosen Nächten, verquollenen Augen und einem Gefühl, dass sich stark nach Banane gemischt mit Lakritz angefühlt hat.
Irgendwie ging's doch. Mit einem großen Willen, netten Grundschulkindern und dem bombastischen kanadischen Herbst. Irgendwie hab ich's bis zum 28.Oktober geschafft und wurde belohnt. Jimmy durfte wieder zum Flughafen, diesmal um einen neuen Reisenden abzuholen. Mit meinem Bruder wurde nach zwei Wochen Garten- und Putzarbeit in Whistler die Reise fortgeführt. Über einen winterlichen Pass und eine sommerliche Wüste gings bis ins sonnige Sun Peaks.
An dieser Stelle, fürchte ich, wird die Geschichte langweilig. Aber langweilig schön. Nach ein paar Tagen Dekorationsarbeit, einer Mitbewohnerin, die besser nicht sein könnte und einem Haus voller netter Nachbarn, fühlt es sich nach einem Zuhause an. Um nicht zu einem Couchpotatoe zu mutieren, durfte der liebenswerte Grauhaarvan noch einen Ausflug nach Seattle machen, um Jule abzuholen. Unsere Gang war also um ein Mitglied reicher und wir konnten heiße Quellen ansteuern und Shoppingtouren in Kamloops starten. Jule, das war schön!
Inzwischen aber ist der Alltag eingekehrt. Meine Künste als Bedienung werden von Tag zu Tag vertieft und gestern stand mein erster Tag als Snowboardlehrer an. Ich vergaß, wie schön dieser Job ist. In der Sonne stehen, Kinder zum Lachen bringen und ihnen nebenbei den schönsten Sport der Welt beizubringen. Ok, das mag nach einem Euphemismus klingen, ist es vielleicht auch. Trotzdem- Arbeit im Schnee ist Spaß. Ohne Wenn und Aber.
Ich bin also angekommen, die Zeit, auf die ich gewartet hab, hat begonnen und ich steck mitten drin. Vor mir liegt eine Saison voller Schnee, ein Weihnachtsfest inklusive Truthahn und viele Stunden am Skype- Telefon. Auch wenn es nicht immer gute Momente werden, auch wenn ich manchmal Heimweh habe und meine zweite Hälfte fehlt. Dieser Ausflug in's Land der Holzfäller war eine gute Entscheidung.

Und heute Abend wird unser eigener Weihnachtsbaum gefällt. Emily, Ich und eine Axt...

 
Tag 58:
Nneka- Heartbeat
 
Du und ich auf dem Weg zum Bahnhof. Wir mussten rennen, weil wir mal wieder zu spät waren. Ich hab dich abgezogen. Es mag an deinem zertrümmerten Bein gelegen haben...

1 Kommentar:

  1. Wie schön du schreiben kannst! Nach solchen Beiträgen verstehe ich dich immer viel besser als am Skype oder sonstigen Telefon! Willst du nicht Schriftstellerin werden...

    Papa

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